Vereinsgeschichte 1. Teil (1868 -1887)
Stolpersteine, Pleiten, Glanz und Gloria
Das Gründungsdatum steht nicht genau fest. Zunächst hatte sich in den 1860-er Jahren eine Gruppe Männer immer wieder zum Singen getroffen, bis sie dann einen richtigen Verein gründeten. Der neu gegründete Verein musste allerdings schon bald darauf seine Tätigkeit während des deutsch-französischen Kriegs 1870/71 einstellen. Danach ging es mit neuer Kraft weiter. 1872 wurde der Verein in den Schwäbischen Sängerbund aufgenommen.
Der Löwenwirt stellte ein Zimmer für die Proben zur Verfügung. Mit viel Elan ging man zu Werk. Ein Harmonium wurde gekauft und es wurde eifrig geprobt. Man wollte 1875 bei der Fahnenweihe in Künzelsau dabei sein, zu der man eingeladen war. Das Fest verlief allerdings etwas anders als man es sich vorgestellt hatte: Der Dirigent war nicht anwesend, warum, ist aus den Niederschriften nicht zu erkennen. Man konnte also nicht singen. Dazu war noch schlechtes Wetter, so dass die Braunsbacher Mannen sehr enttäuscht wieder nach Hause gekommen sind. Ihrer Enttäuschung und Wut gaben sie wohl auch deutlich Ausdruck mit der Folge, dass Vorstand und Dirigent ihr Amt niederlegten. Es waren auch nur noch 10 Sänger übrig, so dass man vor der Frage stand, ob der Verein überhaupt weiterbestehen kann. Das Harmonium musste verkauft werden, es war noch nicht abbezahlt.
Sie schafften schließlich doch einen Neustart. 35 Mitglieder zählte der Verein, davon 18 aktive. Vorstand wurde Schottmüller und als Dirigent stellte sich der Lehrer Jakob Strauß zur Verfügung. 1876 wurde eine neue Satzung erstellt. So wurde z. B. festgelegt: - man muss über 20 Jahre alt sein, - Eintrittsgebühr 2 Mark, -monatlicher Beitrag 20 Pfennig, - wer unentschuldigt fehlt, zahlt 20 Pf. Strafe, - zahlt jemand 3 Monate nicht, wird er ausgeschlossen.
Es folgten Jahre des Aufschwungs. Eine Fahne wurde angeschafft für 350 Mark (Goldmark!). Das Fest der Fahnenweihe wurde 1877 gefeiert. 12 auswärtige Vereine waren zu Besuch, es gab einen Festzug mit Musikkapellen und natürlich Gesang und Musik beim Fest auf der Mühlwiese. Das Fest war ein voller Erfolg für den jungen Verein.
Allerdings gab es auch hier einen Wermutstropfen: Zwei Haller Musikvereine wurden anscheinend im „Löwen“ nicht anständig bedient. Zur „Strafe“ wurden die Singstunden eine Zeit lang in den „Ochsen“ verlegt.
Der Gesangverein war ein Beispiel, wie Angehörige verschiedener Religionen gut zusammenleben können. Der Dirigent Jakob Strauß war jüdischer Lehrer, bei seiner Hochzeit sang der Gesangverein selbstverständlich in der Synagoge.
Ein wichtiges Ereignis, dem man entgegenfieberte, war das große Sängerfest in Heilbronn 1886, an dem auch der Württembergische König Wilhelm anwesend war. Einige der Braunsbacher Sänger verließen das Fest allerdings vorzeitig, so dass sich beim Haupt-Festakt nur noch vier Mann unter der Fahne versammeln konnten. Auch war das bestellte Fuhrwerk für die Rückfahrt vom Bahnhof Waldenburg nicht eingetroffen. Die vier Braunsbacher machten sich also zu Fuß auf den Heimweg nach Braunsbach. Die Fahne wird dabei nicht fröhlich geflattert haben. Dieser Ärger führte dazu, dass Jakob Strauß sein Amt als Dirigent niederlegte.
(Fortsetzung folgt)
Vereinsgeschichte, Teil 2
Höhepunkte und Alltag (1886 – 1900)
Der Verein nahm jetzt eine stete Aufwärtsentwicklung was sowohl die Mitgliederzahl als auch das musikalische Können betraf. Ein Highlight war die Teilnahme des Vereins beim Gausängerfest in Langenburg 1895, wo sie bei einem Wertungssingen den 1. Platz erreicht hatten. In der Chronik ist vermerkt, dass der Mergentheimer Chor mit seinen 43 Sängern „beleidigt“ war, weil sie, ihrer Meinung nach ungerechtfertigt, nur den 2. Preis errungen hatten. Auf dem Heimweg kehrten die hochgestimmten Braunsbacher noch in Bächlingen und Nesselbach ein und wurden schließlich zu Hause im Löwen begeistert empfangen. Man beschloss, sich fotografieren zu lassen und bestellte am 28. September 1895 den Fotografen Weiß aus Schwäbisch Hall – und schon am 21. Dezember wurden die fertigen Bilder geliefert!
Der große Erfolg brachte auch neue Mitglieder. 1896 feierte der Verein sein 25-jähriges Jubiläum. Unzählige Ausschusssitzungen gingen dem Fest voraus: Einladungen der Vereine, Mittagessen bei den Wirten organisieren, Genehmigung zum Ball vom Oberamt, Verhandlungen über Musik zum Tanzen, Festdamen (nicht unter 16 Jahren, da noch „sonntagsschulpflichtig“!), Festreiter, Festdamenführer, Kleidung, Eintrittsgeld…
Die teilnehmenden Vereine mit ca. 200 Aktiven wurden zum Mittagessen den verschiedenen Gastwirtschaften zugeteilt, mit denen ein Einheitspreis (1,20 Mark) ausgehandelt worden war. Außer den heute noch bekannten Wirtschaften Löwen, Sonne, Krone und Engel gab es noch den Metzger Horlacher und den Bäcker Matthes.
Das Fest wurde ein großer Erfolg für den Verein und ein großartiges Erlebnis für das ganze Dorf, zumal es damals für die Leute nicht so viel Abwechslung gab wie heute und sie auch nur ganz selten aus ihrem Dorf herauskamen.
Wie kam man damals überhaupt in andere Orte? Der Gesangverein war häufig eingeladen zu Sängerfesten in der näheren und weiteren Umgebung. Vieles wurde zu Fuß gemacht (bis ca. 15 km), für größere Strecken mussten Pferdefuhrwerke benutzt werden. Der Sägmühlenbesitzer stellte sein Fuhrwerk meist gegen ein Trinkgeld für den fahrenden Knecht zur Verfügung. Der Leiterwagen wurde vom „Vereinsdiener“ mit Sitzgelegenheiten versehen und schön geschmückt. Für die Ehrenmitglieder und älteren Herren musste evt. eine „Chaise“ (Kutsche) organisiert werden. Pferdefuhrwerke waren langsam, Chaisen waren teuer, also musste manche Festteilnahme abgesagt werden, obwohl die Braunsbacher ihren sängerischen Erfolg von 1895 gern wiederholt hätten.
1899 schließt der Verein einen neuen Vertrag mit dem Löwenwirt Stapf: dieser vergrößert seinen Saal und schafft ein neues Klavier an. Im Gegenzug verpflichtet sich der Verein, alle Singstunden und Konzerte in seinem Lokal abzuhalten. Da alle Wirte des Ortes Mitglieder waren, durften Ausschusssitzungen und Sonderproben auch in den anderen Wirtschaften stattfinden. Der Vertrag galt für 8 Jahre.
Als Beispiel für die Aktivitäten des Vereins soll das Jahr 1900 dienen:
Singstunden waren samstagabends, in der Regel von Oktober bis Mai, darüber hinaus traf man sich bei vielen Gelegenheiten.
Vereinsgeschichte, Teil 3
Die Zeiten ändern sich
Der „Liederkranz“ hatte um 1900 ca. 20 aktive und 50 passive Mitglieder. Es gehörte sich einfach, dass man als Handwerker oder Gastwirt, Lehrer, Arzt oder Apotheker dem Verein angehörte, auch wenn man nicht die Zeit oder das Können hatte, selbst mitzusingen. Witwen verstorbener Sänger führten meist die Mitgliedschaft passiv weiter.
Allerdings herrschten strenge Sitten.
1901 wurde eine neue Satzung aufgestellt, in der unter anderem festgelegt wurde:
Es herrschte eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs, der auch in Braunsbach spürbar war. Der Verein versicherte sein Inventar gegen Feuer, es hatte einen Gesamtwert von 1000 Mark. 1908 wurde Heinold für seine 25-jährige Vorstandschaft geehrt und erhielt vom Verein einen von Sattler Herdrich angefertigten Lehnsessel mit eingravierter Widmung und vom Löwenwirt einen wertvollen Goldfüllfederhalter.
Einen Eindruck der Stimmung in der Bevölkerung vermittelt der Bericht über die Generalversammlung 1906, sie fand am Tag nach dem Geburtstag des Kaisers Wilhelm II. statt. Aus diesem Anlass wurde Lehrer Knoll gebeten, einen Toast auf den Kaiser auszubringen, was dieser mit Begeisterung tat. Ein Auszug aus seiner flammenden Rede: „…..Handel und Gewerbe, Wissenschaft und Kunst blüht, das Deutsche Reich strebt auf, die Ursache ist der tiefe Frieden, der Hort desselben ist unser deutscher Kaiser…… er ist das schönste Beispiel treuester Pflichterfüllung, deshalb feiern wir ihn nicht nur als Kaiser, sondern auch als Mitglied seines Volkes, als Staatsbürger, als Gatte und Vater; wie glücklich wäre England, Frankreich und Russland, wenn sie einen solchen Mann an der Spitze hätten,…… unser deutscher Kaiser lebe hoch, hoch, hoch!“
Auch der technische Fortschritt zog ein: 1910 wurde in Braunsbach das Elektrizitätswerk gebaut und einzelne Leitungen verlegt. Dirigent Wörner hat Zoff mit der Gemeinde. Da sie nicht bereit ist, in der Schule ebenfalls elektrisches Licht einzurichten, „streikt“ er und lehnt alle öffentlichen Auftritte ab.
Der Verein braucht wieder einen neuen Dirigenten. Bisher standen immer Lehrer zur Verfügung, zu deren Ausbildung es wohl damals gehörte, einen Chor leiten zu können. Außerdem gehörte es zu den Aufgaben der Lehrer, Orgel zu spielen, den Kirchenchor zu leiten und die „Nachtschule“ zu halten (eine Art Fortbildungsschule über den Winter). Man konnte Lehrer Binder als Chorleiter gewinnen, dieser wollte nach drei Monaten über eine Entlohnung verhandeln und verlangte pro Singstunde 1,50 Mark. Das war dem Verein zu viel, hatten es die bisherigen Dirigenten doch umsonst gemacht. Die drei Monate wurden bezahlt und die Singstunden bis auf weiteres eingestellt.
Im darauffolgenden Jahr einigte man sich schließlich doch und die Singstunden konnten wieder aufgenommen werden.
In den Jahren 1912/13 zeigte sich eine Stimmung im Land, die nicht nur den Stolz auf das Erreichte deutlich machte, sondern den Friedenswillen stark in Frage stellten. Dies zeigte sich selbst hier in den Theaterstücken:
„Der Deserteur“ wurde aufgeführt zur Erinnerung „an die große Zeit vor 100 Jahren“ (Napoleon!) oder bei einem Gemeindeabend mit Pfarrer Ettwein das Stück „Auf zu den Waffen!“
1914 schließlich brach der erste Weltkrieg aus. Viele der Sänger wurden eingezogen. Es war keine Zeit für Lieder. Die Singstunden wurden eingestellt.
Vereinsgeschichte, Teil 4
Zwischen den Kriegen
Nach dem 1. Weltkrieg wurden 1919 die Singstunden wieder aufgenommen, offenbar war das Bedürfnis danach sehr groß, man startete mit 46 aktiven und 65 passiven Sängern. Die alte Vereinsfahne war inzwischen ziemlich ramponiert, man ließ eine neue anfertigen, in die die alte Stickerei mit eingearbeitet wurde. So konnte man sich bei Sängerfesten wieder sehen lassen.
1920 wurde das Kriegerdenkmal vor dem Schloss unter großer Beteiligung der Bevölkerung
eingeweiht, 27 Männer aus dem Ort waren gefallen. Mit umflorten Fahnen und Liedern gestalteten der Gesangverein und der Militärverein die Feier mit .
1921 wurde das wahrscheinlich größte Fest gefeiert, das Braunsbach bis dahin erlebt hatte. Das 17. Hohenloher Gausängerfest in Verbindung mit dem 50-jährigen Jubiläum des Liederkranzes wurde mit dem Festzug durch den geschmückten Ort unter Beteiligung von 50 (fünfzig!) Vereinen eröffnet. Beim nachfolgenden Kinderfest waren „sämtliche Kinder aller 3 Konfessionen“ eingeladen. Dazu noch alle Kinder aus Döttingen, Steinkirchen, Jungholzhausen, Orlach, Altenberg, Geislingen, Arnsdorf und Eschental. Danach waren die Zeitungsartikel voll des Lobes, dass ein so kleiner Ort „ein derartig großes Fest mit gewaltigen Menschenmassen so schön durchführen konnte“.
1922 übernahm Friedrich Kern das Amt des Vorsitzenden. Die Nachkriegsjahre waren hart, es gab auch politische Unruhen, so wurde in diesem Jahr die Fastnachtsveranstaltung von „höherer Behörde aus verboten“.
Auf einem Grundstück des Mitglieds Gotthilf Rapp wurde am Schaalberg eine Sängerlinde gepflanzt. Unter dem Baum wurde eine Flasche eingegraben, die „eine Urkunde mit den Unterschriften sämtlicher Vereinsangehörigen und etwas Geld der früheren und jetzigen Zeit“ enthielt. Dieser Baum sollte auch in das Grundbuch eingetragen werden und so für immer im Besitz des Vereins bleiben. Leider ist die Linde heute nicht mehr vorhanden, auch der genaue Platz, wo sie einmal war, ist unbekannt.
1923: Inflationszeit. Das angesparte Vereinsvermögen zerrann zu nichts. Viele Einladungen mussten abgesagt werden, da man nicht die finanziellen Mittel hatte, irgendwohin zu fahren. Man ging nur dahin, wo man zu Fuß oder mit dem Fahrrad hinkommen konnte. Allgemein war eine sehr arme Zeit. Die Wirtschaft lag darnieder, man spürte überall die schmerzlichen Auswirkungen des Versailler Vertrags nach dem 1. Weltkrieg. Das Ruhrgebiet war damals unter französischer Besatzung und die dortige Bevölkerung hatte schwer zu leiden. Man sammelte deshalb auch in Braunsbach Lebensmittel für sie.
Die Chorproben wurden in den Schulsaal verlegt, weil man die Kosten für Heizung und Licht im Vereinslokal nicht mehr aufbringen konnte. Trotzdem waren die Stimmung und der Probenbesuch sehr gut, was man wohl dem neuen Vorstand und dem Dirigenten Lehrer Luppold zu verdanken hatte. Eine Weihnachtsfeier konnte wegen Geldmangels nicht durchgeführt werden.
1924: Die Währungsreform ist inzwischen erfolgt, aber sowohl der Verein als auch die meisten Mitglieder sind mittellos. Der einzige gemeinsame „Ausflug“ war eine Wanderung nach Jungholzhausen.
1925 wurde ein neuer Verein in Braunsbach gegründet, der „Kraftsportverein“, wie sich der heutige TSV anfangs nannte. Beim Gründungsfest sang natürlich auch der Gesangverein.
Zum Gausängerfest in Blaufelden 1926 fuhr man zum ersten Mal mit einem Lastkraftwagen (40 Mann!?). Der Verein fühlte sich beim Wettsingen allerdings vom Preisgericht ungerecht beurteilt, auch in der Gaststätte wurde man anscheinend schlecht behandelt. Aber nachdem man auf dem Rückweg in der Post in Langenburg eingekehrt war, kam man doch „in heiterer Stimmung abends 10 Uhr wohlbehalten“ in Braunsbach an.
1928 wurde die Fastnachtsunterhaltung gemeinsam mit dem Sportverein im Tanzsaal der „Sonne“ veranstaltet. Die Musik bestand aus 3 Geigen, Klavier und Schlagzeug. Im Jahr darauf wurde zur Weihnachtsfeier eine Radioanlage eingerichtet und zum ersten Mal auf Radiomusik getanzt.
In den Jahren 1931/32 war die allgemeine Notlage auch im Verein zu spüren. Der Mitgliedsbeitrag wurde halbiert auf jährlich 1 Mark. Als einziges Fest konnte man das 50-jährige Stiftungsfest des Arbeiterbildungsvereins in Verbindung mit dem Gausängerfest in Künzelsau besuchen.
1933 schließlich war ein Schicksalsjahr im Großen wie im Kleinen. Nach Hitlers Machtübernahme wurden alle Gesangvereine verpflichtet, sich einem Sängerbund anzuschließen. Alle Vereine mussten ihre jüdischen, bzw. „nicht arischen“ Mitglieder ausschließen. Das waren in Braunsbach Emil Schiller, Samuel Wollenberger, Samuel Stern und Witwe Wertheimer. Im Protokoll heißt es lapidar „…sind ausgetreten“.
Ein anderes Ereignis überschattete das Dorfleben: Lehrer und Dirigent Bentz verunglückte tödlich, als er einen Schüler aus dem Hochwasser führenden Kocher retten wollte.
1934 erfolgten weitere Eingriffe der Politik in das Vereinsleben. Alles wurde nach dem „Führerprinzip“ ausgerichtet. Die neuen staatlichen Bestimmungen verlangten, dass es keinen „Vorstand“ mehr gibt, sondern einen „Vereinsführer“, der von der Kreisleitung der NSDAP bestätigt werden musste. Dieser Vereinsführer bestimmt Kassier, Schriftführer und Beiräte selbst. Zum 1. Mai wird der Verein aufgefordert, auf dem Marktplatz zu singen „um auch unser Opfer nationaler Arbeit für unsere Gemeinde zu leisten“. Bei einem Ernte- und Herbstdankfest wurde ein schön geschmückter und gefüllter Erntewagen mit Gesang verabschiedet, der nach Künzelsau zum Winterhilfswerk fuhr. Auf eine Weihnachtsfeier mit Gabenverlosung wurde in diesem Jahr verzichtet, denn der Gewinn hätte an das Winterhilfswerk abgeliefert werden müssen.
Die Theaterstücke, die bei den folgenden Weihnachtsfeiern gespielt werden sollten, mussten erst dem Oberamt Künzelsau zur Genehmigung vorgelegt werden.
1939 beschaffte Albert Ziegler für den Verein einen Blüthner-Flügel, der heute noch im „Löwen“ steht.
Mit Beginn des 2. Weltkriegs wurde die Vereinstätigkeit eingestellt.
Vereinsgeschichte Teil 5
Neubeginn
Nach dem 2. Weltkrieg war die politische und wirtschaftliche Situation sehr unsicher und es dauerte ein paar Jahre, bis die Vereinstätigkeit wieder aufgenommen werden konnte. 1948 war es so weit, dass eine erste Weihnachtsfeier durchgeführt werden konnte. Unter dem neuen Vorstand Hans Volkert und dem Dirigenten Siegel wächst der Verein und man plant ein Sängerfest für das Jahr 1950, bei dem das 75-jährige Jubiläum nachgeholt werden soll.
Eine entscheidende Veränderung ergab sich im Verein durch den Beschluss am 21. 1. 1950 einen gemischten Chor zu gründen. Er startete mit 34 Frauen und 17 Männern, die sich mit Eifer daran machten, das große Fest vorzubereiten. Es gab einen Festzug durch schön geschmückte Straßen und trotz Gewitter wurde gefeiert bis in die späte Nacht.
Im Protokoll ist vermerkt „Die Gründung des gemischten Chors war für den Verein ein sehr guter Griff und müssen wir anerkennend feststellen, dass unsere Sängerinnen mit Liebe und Begeisterung zur Sache stehen.“.
1952 muss Chorleiter Siegel aus gesundheitlichen Gründen die Chorleitung vorübergehend aufgeben. Der Gauchormeister Zipperer aus Künzelsau springt ein. Damals hatten noch nicht viele Leute ein Auto, so muss auch er von Vereinsmitgliedern zu den Proben abgeholt und nach Hause gebracht werden. Er bringt den Chor auf große Höhen, so dass bei einem Wertungssingen im „Schwierigen Volksgesang“ beide Chöre (Männer- und gemischter Chor) mit der Note „sehr gut“ bewertet wurden.
Die Gemeinde hat inzwischen die 1939 in der Reichspogromnacht teilweise zerstörte Synagoge zur „Festhalle“ umgebaut. Sie wurde 1953 eingeweiht.
Die Nachkriegszeit war von Armut geprägt, das „Wirtschaftswunder“ hatte noch nicht begonnen und ist auch später nicht so schnell bis in unsere ländliche Gegend vorgedrungen. Die desolate finanzielle Lage des Vereins zeigt deutlich ein Schreiben des Vorstands an den Schwäbischen Sängerbund. Ein Auszug daraus: „…Den Rückstand aus dem Jahre 1952 bezahlen wir nicht, da wir kein Geld haben und sehr wahrscheinlich auch keines bekommen…
1955 ist der Verein wieder in einer Krise. Die Mitgliederzahl hat stark nachgelassen und die Vorstandwahl gestaltet sich schwierig. Schließlich erklärt sich Albert Burckhardt bereit, das Amt zu übernehmen. Mit großem persönlichem Einsatz gelingt es, wieder neue Mitglieder zu werben. Ein besonderes Erlebnis war es, als ein großer Teil des Vereins 1956 nach Stuttgart fuhr zur Einweihung der Liederhalle.
Zwischen 1957 und 1966 gab es mehrmaligen Dirigentenwechsel: Lehrer Eipper übernimmt für ein Jahr das Amt des Dirigenten und Schriftführers, danach wird der Verein zum ersten Mal von einer Frau dirigiert: Frau Berta Michel, die Ehefrau des Hauptlehrers, springt ein.
Im Rahmen eines Ausflugs besuchte der Verein 1962 den ehemaligen Braunsbacher Mitbürger Leonhard Prosi in Kornwestheim. Dieser hinterließ dem Verein nach seinem Tod 500,-DM. Er hinterließ auch der Gemeinde einen ansehnlichen Betrag und wurde zum Ehrenbürger ernannt.
Immer wieder wird im Chor das mangelnde Interesse der Jugend genannt, auch die Zahl der Männer nimmt auf einen kritischen Stand ab. Doch gelingt es, den Chor singfähig zu halten und auch wieder aufzubauen.
Das Maisingen mit anschließender Wanderung und Einkehr wurde zu einer gern gepflegten Familienveranstaltung. Auch Besuche anderer Vereine kamen durch persönliche Beziehungen zustande. So führte der Besuch des Männergesangvereins aus Velbert im Rheinland zu feucht-fröhlichen Nächten und die Abreise am Montag verzögerte sich um mehrere Stunden, da sämtliche Gäste aus Velbert noch mit den Bauern vom Schweinemarkt beim Löwenwirt einen Frühschoppen einnahmen.
1966 wird Werner Frank (Franke-Beck) Vorstand und Dirigent Seber übernimmt die Chorleitung. Von erlebnisreichen Ausflügen wird berichtet. Es war zu dieser Zeit noch nicht selbstverständlich in den Urlaub zu fahren oder gar zu fliegen. So waren Vereinsausflüge für viele der Höhepunkt des Jahres.
1969 feiert man das 100-jährige Jubiläum 3 Tage lang mit Bierprobe, Heimatabend, Festzug, Freundschaftssingen, Tanz und Kinderfest.
Vereinsgeschichte Teil 6
Nach dem 100-jährigen Jubiläum scheint dem Verein ein wenig die Luft auszugehen. Der mangelnde Probenbesuch wird beklagt. Ein neuer Dirigent wird engagiert: Herr Pratz übernimmt die Chorleitung, auch ein Kinderchor wird gegründet. 1975 wird der Kinderchor von Adolf Schwarz übernommen und wird gut besucht. Ab 1976 dirigiert Adolf Schwarz den gesamten Chor. 1978 wurden beim Pfingstmarkt zum ersten Mal Hähnchen gegrillt, die für viele Jahre zum Markenzeichen für den Gesangverein wurden.
Mit der neu angeschafften Vereinskleidung machte man bei Auftritten einen guten Eindruck.
1980 wurde der neue Bürgermeister Ulrich Naas mit einem Ständchen begrüßt und natürlich wurde auch bei der Hochzeit des jungen Wirtsehepaares Doris Schuhmacher und Robert Philipp gesungen.
1981 übernimmt Albert Burckhardt wieder die Vorstandschaft. In diesem Jahr tritt auch ein neuer Sänger in den Verein ein, der noch eine wichtige Rolle spielen wird: Hubert Kuhbach.
Viele örtliche Veranstaltungen werden vom Liederkranz umrahmt, schöne Ausflüge, auch mit dem Kinderchor, werden gemacht.
1984 wird die Burgenlandhalle mit allen Vereinen eingeweiht.
Ein Beispiel für die Aktivitäten des Vereins 1985: Faschingsball, Maisingen, Pfingstmarkt, gemeinsames Chorkonzert, Hölzlesfest, Geburtstagsständchen, Martinimarkt, Silberhochzeitsständchen, Besenwirtschaft, Waldweihnacht, Heimatabend mit dem Albverein, Jahresfeier mit Theater, Seniorenweihnachtsfeier.
1993 wurde das 125-jährige Jubiläum gefeiert und außer den „üblichen“ Festen (s.o.) gab es noch ein Kirchenkonzert im Februar, einen Festabend in der Halle, ein Sommerfest im Pfarrgarten und noch einmal ein Kirchenkonzert im November.
1994 wurde Horst Bauer Vorstand. Zum ersten Mal wird die Waldweihnacht an der neuen Kapelle abgehalten. Hubert Kuhbach hat inzwischen die Ausbildung zum Dirigenten gemacht und übernimmt 1997 die Chorleitung, die er bis heute inne hat.
Ein beeindruckendes Erlebnis für den Chor war die Teilnahme im Massenchor an der „Straße der Lieder“ mit Gotthilf Fischer in Schwäbisch Hall, was in einer SWR-Sendung ausgestrahlt wurde.
2002 wird Braunsbach „staatlich anerkannter Erholungsort“. Das wird natürlich in einem Festakt gefeiert. Der Kinderchor wird auf Vorschlag der Jugendlichen umbenannt in „Young generation of Braunsbach“ und kann sein 30-jähriges Jubiläum feiern. Dabei werden vor allem die Verdienste von Helga Klein gewürdigt, der die Betreuung des Kinderchors besonders am Herzen lag, auch Brigitte Kappel sei in diesem Zusammenhang dankbar erwähnt.
2004 tritt zum ersten Mal der neue Projektchor in Erscheinung, der sich später den Namen „New Voices“ gibt. Bei der 750-Jahr-Feier Braunsbachs im Jahr 2005 gestaltet der Liederkranz mit beiden Chören den Festakt mit und singt Lieder aus 8 Jahrhunderten.
2006 wird die Satzung dahingehend geändert, dass es ab jetzt ein Vorstandsteam gibt, in dem bis 2014 in wechselnder Besetzung folgende Mitglieder aktiv waren: Thomas Raisig, Nina Kappel, Adelheid Neuß, Elisabeth Weller, Brigitte Kappel und Hilde Hannemann.
Zur Feier des 20-jährigen Jubiläums der Gemeindepartnerschaft mit Vouillé fährt der Gesangverein nach Frankreich und erlebt dort ereignisreiche Tage. Der Gegenbesuch eines Chors aus Vouillé erfolgt 2009.
Musikalische Höhepunkte waren Benefizkonzerte für die Kirche (Orgelrenovierung, Glocke) und die Aufführung der „Bauernmesse“, ganz besonders eindrucksvoll in der Klosterkirche in Schöntal.
Leider nahm der Zuspruch zum Kinderchor ab. Er musste 2012 aufgegeben werden.
2012 brachte dem Chor eine neue Erfahrung: Beim Tag der offenen Tür bei Würth Elektronik wurde der Chor während des Gesangs auf Großleinwand übertragen – das machte schon was her!
Wie immer waren beim Pfingstmarkt viele fleißige Helfer im Einsatz und wie immer waren sie anschließend bei Elisabeth Weller eingeladen. An dieser Stelle muss noch einmal ihr legendärer Butterkuchen lobend erwähnt werden.
2013 ist ein ereignisreiches Jahr: nochmalige Fahrt nach Vouillé, Chortag in Hohebuch, Teilnahme an verschiedenen Chorprojekten stehen auf dem Programm. Außerdem organisiert der Liederkranz einen Gospelworkshop, der weit über die Grenzen Braunsbachs hinaus Anklang findet.
Hubert Kuhbach legt nach 9 Jahren die Chorleitung für „New Voices“ nieder und gibt mit ihnen noch ein sehr schönes Abschiedskonzert.
Das Jahr 2014 steht unter der Frage „Wo sind die Männer geblieben?“ New Voices stellt den Chorbetrieb ein, weil es an Männerstimmen mangelt. Beim gemischten Chor sieht es nicht besser aus. Was tun?
Der ökumenische Kirchenchor, ein reiner Frauenchor, hat auch nicht mehr genügend Sängerinnen. Also erwägt man eine Kooperation und vollzieht schließlich den Zusammenschluss zu einem reinen Frauenchor. Dem neuen Vorstandsteam Johanna Diemer, Elisabeth Weller, Susanne Kobald und Hilde Hannemann gelingt es zusammen mit dem Dirigenten Hubert Kuhbach, den neu zusammengesetzten Chor zu einer harmonischen Einheit zu verbinden.
2016 gab es zunächst zwei sehr schöne Ereignisse: Im April sang der Frauenchor beim Chortag auf der Landesgartenschau in Öhringen, wo selbst Schneeschauer dem Schwung der Sängerinnen und der Begeisterung der Zuhörer nichts anhaben konnten. Dann gab es bei der 750-Jahr-Feier des Ortes Jungholzhausen ein gemeinsames Chorkonzert aller Chöre der Gemeinde. Es war ein gelungenes Fest und man hätte noch lange davon gesprochen, wenn nicht 3 Tage später fast Weltuntergang in Braunsbach gewesen wäre.
Am 29. Mai 2016 hat eine Sturzflut mit Geröll- und Schlammlawinen das Ortszentrum in Braunsbach zerstört. Diese nie dagewesene Katastrophe hat das öffentliche Leben in Braunsbach zunächst lahmgelegt. Unfassbares Glück war, dass niemand schwer verletzt oder gar getötet wurde. Hilfe kam von allen Seiten, als praktische Aufräumhilfe von Firmen, von staatlicher Seite und vielen Freiwilligen und in Form von Sach-oder Geldspenden.
Für den Liederkranz bedeutete das, dass er seine Proben nicht mehr im stark beschädigten Löwen machen konnte, sondern in die Schule ausweichen musste. Außerdem war fast das gesamte Inventar unbrauchbar geworden.
Der Chorverband veranlasste eine Sammlung bei allen Chören, viele Spenden kamen uns auch durch Benefizkonzerte zu. Die Hilfsbereitschaft war unglaublich!
Der Chor veranstaltete ein Weihnachtskonzert unter dem Motto „Dank an die Musik, Hoffnung durch die Musik“. Dabei wurde noch einmal der Dank an alle Spender ausgedrückt.
Im Mai 2017 konnte der Liederkranz wieder in den renovierten „Löwen“ zurückkehren, wo er schon seit 150 Jahren wöchentlich seine Chorproben abhält.
Das Jahr 2018 steht nun ganz im Zeichen der 150-Jahr-Feier.